Regelmäßige sportliche Betätigung, insbesondere Ausdauertraining, senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und hat darüber hinaus noch zahlreiche andere Vorteile. Diese Aussage trifft auf die allermeisten Menschen voll und ganz zu. Aus Studienergebnissen, die jetzt im »European Heart Journal« erschienen sind, lässt sich aber für ehemalige Elite-Athleten in bestimmten Sportarten eine Einschränkung von dieser Grundregel ableiten. Denn die Studie belegt ein drastisch erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern bei ehemaligen Top-Ruderern.
Was ist Vorhofflimmern?
Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Ältere Menschen sind häufiger betroffen als jüngere Menschen. Laut Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) haben etwa 2 Prozent der Bevölkerung Vorhofflimmern; Bei den über 65-Jährigen betrifft es etwa jede zwölfte Person (8 Prozent). Langfristig erhöht VHF das Risiko für Herzschwäche und Schlaganfälle.
Was sind bekannte Risikofaktoren für Vorhofflimmern?
Zu den bekannten Risikofaktoren für VHF zählen, größtenteils Verhaltensweisen und Faktoren, die man eher nicht mit Leistungssportlern verbindet:
- starker oder häufiger Alkoholkonsum
- Rauchen
- Diabetes mellitus
- Bluthochdruck
- deutliches Übergewicht
- Schlafapnoe
Frühere Untersuchungen haben ein erhöhtes Risiko für VHF bei (ehemaligen) Ausdauersportlern gezeigt. Daher untersuchte ein Team um Dr. Darragh Flannery von der University of Melbourne in Australien den Zusammenhang nun erneut. Dafür erhob das Team Daten von 121 ehemaligen Leistungsruderern im Alter zwischen 45 und 80 Jahren, die mindestens zehn Jahre lang auf internationalem Spitzenniveau gerudert waren. Die Leistungsruderer-Daten verglichen sie mit Daten von insgesamt 11.495 passend ausgesuchten Kontrollpersonen ohne Leistungssport-Karriere aus der UK Biobank.
Siebenfach erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern
Dabei fanden sie heraus:
- Mehr als jeder fünfte Leistungssportler hatte Vorhofflimmern entwickelt (21,5 Prozent), aber nur 3,2 Prozent der Kontrollpersonen.
- Vier Jahre später lag bei sechs weiteren Leistungssportlern ebenfalls VHF vor (6,3 Prozent), aber nur 2,3 Prozent der Kontrollgruppe.
Erhöhtes Risiko nicht auf Genetik zurückzuführen
Das wollte Team wollte herausfinden, worauf das erhöhte Risiko zurückzuführen war. Risikogene für Vorhofflimmern hatte es bei den Ruderern insgesamt nur selten gefunden (2,7 Prozent). Sie kamen bei den Sportlern mit VHF nicht häufiger vor als bei den Sportlern ohne VHF. Im Vergleich mit der Kontrollgruppe (1,1 Prozent) hatten mehr Leistungssportler einen Schlaganfall erlitten (3,3 Prozent) und das, obwohl das kardiovaskuläre Risikoprofil ähnlich war.
Schlussfolgerungen des Kardiologen
“Als klinisch tätiger Arzt hat es mich nicht erstaunt, dass Ruderer häufiger Vorhofflimmern entwickeln”, kommentierte Seniorautor Professor Dr. André La Gerche die Ergebnisse gegenüber der Nachrichtenseite »Medscape«. Überrascht sei er aber über die Größe des Unterschieds gewesen, so der Kardiologe weiter. Weitere Lehren aus der Studie seien, dass das Risiko noch Jahre nach dem Ende der Sportlerkarriere erhöht bleibe und dass dies nicht bloß auf genetische Faktoren zurückzuführen sei.
Quelle: DOI 10.1093/eurheartj/ehaf369