Sie sind komplexe Gebilde – unsere Schultern: Auf engstem Raum arbeiten viele Muskeln, Bänder, Sehnen, Schleimbeutel und Knochen zusammen, damit wir unsere Arme frei bewegen können. „Schultern sind dafür da, große Bewegungen möglich zu machen. Aber dieses System kann instabil werden“, warnt Dr. Marc Fischbacher, Chefarzt der Klinik für Sportorthopädie am St. Vinzenz-Krankenhaus in Düsseldorf. Laut der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie leiden 70 Prozent aller Menschen mindestens einmal im Leben an Schulterschmerzen.
Erfahren Sie, welche Schulterbeschwerden häufig vorkommen, was sie auslöst und welche Möglichkeiten es gibt, etwas dagegen zu tun.
Verletzungen der Rotatorenmanschette
Die Rotatorenmanschette ist eine Struktur, die das Schultergelenk wie eine Kappe umschließt und stabilisiert. Sie gilt als besonders anfällig: Die Sehnen von vier Muskeln, die vom Schulterblatt bis zum Oberarmknochen verlaufen, verschleißen oft im Laufe der Zeit. Kleine Risse können sich bei alltäglichen, ruckartigen Bewegungen vergrößern – etwa wenn man sich abrupt abstützen muss. „Ein solcher Riss heilt nicht von selbst. Wir nähen die Sehne wieder auf dem Knochen fest, und sie heilt über sechs Wochen an. Der Arm muss dabei mit einem Kissen abgepolstert werden“, erklärt Fischbacher. Die volle Beweglichkeit kehrt oft erst nach einem halben Jahr zurück.
Kalkschulter
Wenn sich das Gewebe der Schultersehnen durch Verschleiß verändert und Kalk einlagert, spricht man von einer Kalkschulter. Häufig treten zusätzlich Entzündungen auf. Betroffene wachen nachts oft wegen starker Schmerzen auf. „Der Kalk lässt sich gut auf dem Röntgenbild erkennen“, so Fischbacher. Das Problem kann sich manchmal von selbst lösen, da das Immunsystem den Kalk angreift. Bleibt er bestehen, können Stoßwellen, Kochsalzinjektionen oder eine arthroskopische Operation helfen. Nach einer OP verspüren viele Patienten schnell eine Besserung.
Gelenkverschleiß (Omarthrose)
Beim Verschleiß des Schultergelenks nutzt sich der Knorpel zwischen Oberarmkopf und Schulterblatt ab. Ursachen können genetische Faktoren, Unfälle oder berufliche Tätigkeiten mit Arbeiten über Kopf sein. Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählen Entzündungshemmer, Hyaluronsäure, Eigenbluttherapie (ACP/PRP) und Kortison. Wenn Schmerzen und Bewegungseinschränkungen stark sind, kommt ein künstliches Schultergelenk aus Titan infrage.
Schultersteife (Frozen Shoulder)
Eine „Frozen Shoulder“ führt zu einer zunehmenden Bewegungseinschränkung, oft nur auf einer Seite. Besonders betroffen sind Frauen über 40 und Menschen mit Diabetes. In der ersten, entzündlichen Phase ist die Behandlung schwierig. In der zweiten Phase, wenn die Schulter weniger schmerzt, können Operationen und Physiotherapie helfen, die Beweglichkeit wiederherzustellen.
Impingement-Syndrom
Beim Impingement-Syndrom wird es unter dem Schulterdach zu eng. Ursachen sind oft eine schlechte Körperhaltung oder knöcherne Unebenheiten. „Wenn die Haltung schuld ist, kann man mit Training der Rückenmuskulatur und Aufrichtung des Schultergürtels gegensteuern“, sagt Fischbacher. Bei anatomischen Ursachen kann eine minimalinvasive Operation helfen, nachdem konservative Therapien ausgeschöpft wurden.
Wie finde ich heraus, was hinter den Schmerzen steckt?
Um die Schmerzen zu lindern, ist es laut Fischbacher möglich, entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen zu einzunehmen. Die Einnahme solle aber auf eigene Faust nicht länger als ein bis maximal zwei Wochen erfolgen. Bei starken Schmerzen sind auch Kortisonspritzen möglich. Am wichtigsten ist es jedoch, die Ursache zu identifizieren und zu behandeln, erklärt der Experte: “Wir Orthopäden besprechen mit den Patienten ihre Krankengeschichte. Danach können eine Reihe von Untersuchungen folgen, wie körperliche Tests, bei denen die Menschen den Arm heben oder drehen. Bildgebende Verfahren unterstützen uns dabei, eine sichere Diagnose zu stellen. Dazu zählen Ultraschall- und Röntgenaufnahmen, aber auch Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie. Letztere ist vor allem hilfreich, um Risse in der Rotatorenmanschette zu erkennen und zu behandeln.”