Augentropfen statt Lesebrille? Studie zu Alterssichtigkeit macht Hoffnung

Dr. Karen ZoufalElisabeth Kerler  |  19.09.2025 11:55 Uhr

Lesebrille ade? Spezielle Augentropfen könnten künftig die Alterssichtigkeit mildern und so den Alltag erleichtern. Eine Studie zeigt: Viele Teilnehmende profitierten spürbar – mit nur leichten Nebenwirkungen.

Älterer Herr nimmt lächelnd eine Lesebrille ab.
Lieber Augentropfen statt Lesebrille? Diese Option könnte es zukünftig einmal geben: In einer Studie gab es mit den Augentropfen vielversprechende Fortschritte.
© lucigerma/iStockphoto

Mit zunehmendem Alter benötigen viele Menschen eine Lesebrille: Die Augen haben dann Schwierigkeiten, sich auf nahe Objekte und Texte einzustellen. Gegen diese Alterssichtigkeit (Presbyopie) könnten Augentropfen helfen, die zwei- bis dreimal täglich angewendet werden. Eine Studie dazu hat eine Dr. Giovanna Benozzi auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Katarakt- und Refraktive Chirurgie (ESCRS) vorgestellt.

Die Augentropfen waren von Benozzis verstorbenem Vater entwickelt worden. Sie enthalten eine Kombination aus zwei Wirkstoffen: Pilocarpin verengt die Pupillen und bewirkt ein Zusammenziehen des Ziliarmuskels, der die Anpassung des Auges an unterschiedliche Entfernungen steuert. Diclofenac ist ein nichtsteroidales Antirheumatikum, das Entzündungen und Nebenwirkungen von Pilocarpin lindert.

Augentropfen täglich eingenommen

Für die Studie waren Daten von mehr als 760 Personen mit einem Durchschnittsalter von 55 Jahren ausgewertet worden. Sie nahmen die Augentropfen täglich in der Regel beim Aufstehen und sechs Stunden später ein. Eine dritte Dosis konnten sie sich freiwillig zusätzlich eintropfen. Um herauszufinden, welche Dosis passend ist, wurden die Probanden in drei Gruppen eingeteilt: Alle erhielten die gleiche Menge Diclofenac, aber eine Gruppe nur 1 Prozent Pilocarpin (148 Personen), die zweite 2 Prozent (248 Personen) und die dritte 3 Prozent (370 Personen). 

Verbesserung hielt bei vielen ein Jahr und länger an

Die meisten Studienteilnehmer konnten auf einer Sehtafel zur Prüfung der Nahsehschärfe mindestens zwei Zeilen mehr lesen als zuvor. Bei der 1-Prozent-Gruppe waren es 99 Prozent, bei der 2-Prozent-Gruppe mehr als zwei Drittel (69 Prozent) und bei der 3-Prozent-Gruppe mehr als vier von fünf Probanden (84 Prozent). 

Beindruckend: Die Verbesserung hielt bei vier von fünf Personen ein Jahr und länger an, so die Forscherin. Die Behandlung verbesserte zudem die Fokussierung auf alle Entfernungen.

Fast alle Personen profitierten, bei leichten Nebenwirkungen

Benozzi erklärte in einer Mitteilung zum Vortrag: „Fast alle Patienten erlebten eine positive Verbesserung der Nahsehschärfe. Dabei hing das Ausmaß der Verbesserung vom Zustand ihres Sehvermögens vor der Behandlung zu Beginn ab. Patienten mit weniger ausgeprägter Presbyopie reagierten am besten auf einprozentige Konzentrationen, während Patienten mit ausgeprägter Presbyopie höhere Konzentrationen von zwei oder drei Prozent benötigten, um eine signifikante Sehverbesserung zu erzielen.“ Die Nebenwirkungen waren insgesamt mild. Die häufigste war eine vorübergehende, verschleierte Sicht, die fast jeder Dritte (32 Prozent) hatte. Kein Patient brach die Behandlung ab.

Weitere Studien zur Sicherheit nötig

Der Kongress-Präsident, Professor Burkhard Dick von der Universitätsaugenklinik Bochum, war nicht an der Studie beteiligt. Er ordnete ein, dass für manche Patienten die Augentropfen eine gute Option sein könnten. Allerdings betonte er: „Die langfristige Anwendung von Pilocarpin kann manchmal Nebenwirkungen wie eine verminderte Nachtsicht, eine schlechtere Sicht bei schlechten Lichtverhältnissen, Augenbelastung, Reizungen und in seltenen Fällen eine Netzhautablösung verursachen.“ Nichtsteroidale Antirheumatika wie etwa Diclofenac länger örtlich anzuwenden, könnte Risiken für die Hornhaut mit sich bringen. Bevor diese Behandlung empfohlen werden könne, wären weitere Studien nötig, um Wirksamkeit und Sicherheit festzustellen. 

Quelle: Vorstellung am 14. September 2025 beim 43. Kongress der Europäischen Gesellschaft für Katarakt- und Refraktive Chirurgie (ESCRS), Nummer ESCRS25-FP-3944 (Abstract)

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