Die Vorstellung, dass Frauen eine kleinere Blase haben, ist weit verbreitet – doch wissenschaftlich nicht haltbar. Anatomisch ähneln sich männliche und weibliche Blasen, beide fassen rund 400–600 Milliliter Urin. Das schreibt die Anatomieprofessorin Michelle Spear von der Universität Bristol auf der Wissenschaftsplattform “The Conversation”.
Bei Männern mehr Raum?
Unterschiede zwischen den Geschlechtern würden dagegen durch den umliegenden Raum entstehen, so Spear. Während die Blase bei Männern oberhalb der Prostata und vor dem Enddarm liege, teile sie sich bei Frauen das Becken mit Gebärmutter und Vagina. Schwangerschaft oder hormonelle Veränderungen könnten den Druck erhöhen und den Harndrang verstärken.
Auch die Stärke des Beckenbodens spielt laut der Wissenschaftlerin eine entscheidende Rolle: Er stützt die Blase und beeinflusst die Kontrolle über sie, kann aber durch Geburten, Hormonveränderungen oder im Alter an Stabilität verlieren.
Sozial konditioniert
Die Anatomie ist jedoch nicht alles. Der Toilettengang ist auch sozial geprägt. Viele Mädchen lernten, “auf Nummer sicher zu gehen” oder öffentliche Toiletten zu meiden, schreibt sie. Und das könne dazu führen, dass die Blase ihre volle Dehnungsfähigkeit nicht nutze, weil sie sich immer frühzeitig entleere.
Spears Resümee: Frauen hätten keine kleineren Blasen, aber häufig “weniger Handlungsspielraum, sowohl anatomisch als auch sozial”. Ihr Harndrang ist also selten eine Frage der Willenskraft, sondern viel mehr eine von Körperbau, Hormonen und sozialer Konditionierung.
Was helfen kann
Die gute Nachricht: Man kann seine Blase trainieren, so Spear. Blasentraining und gezielte Beckenbodenübungen könnten helfen. Denn die Blase sei ein muskulöser Ballon, der auf Flexibilität ausgelegt sei und dessen Toleranz sich auch vergrößern lasse.