Wechseljahre beim Mann gibt es nicht

ZOU | 11.05.2022

Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin räumte Dr. Cornelia Jaursch-Hancke von der Deutschen Klinik für Diagnostik in Wiesbaden mit einem Mythos auf: Wechseljahre bei Männern gibt es nicht. Erniedrigte Testosteronwerte werden eher durch andere Erkrankungen als das Alter verursacht – vor allem durch Adipositas.
Was hormonelle Verschiebungen im Laufe des Lebens angeht, bestehen zwischen Frau und Mann deutliche Unterschiede. image.originalResource.properties.copyright

Bei älteren Männern kommt es nicht automatisch zu einem Mangel an Testosteron: In Europa und den USA ist der Gesamttestosteronspiegel bei Männern im Alter von 70 bis 79 genauso hoch wie bei Männern zwischen 40 und 49 Jahren (jeweils 4,8 ng/ml). Niedrige Testosteronwerte sind stattdessen eher auf andere Erkrankungen zurückzuführen. Besonders Adipositas (Fettleibigkeit) trägt dazu bei. So ist Abnehmen bei Männern mit Diabetes und Übergewicht eine wirksame Behandlungsmethode: „Je mehr Gewicht reduziert werden kann, umso mehr steigt der Testosteronspiegel an“, sagte Jaursch-Hancke.

Die Normwerte für Testosteron sind je nach Labor und eingesetzter Methode unterschiedlich und liegen zwischen 2,4 und 8,3 ng/ml. Häufig wird schon ein Wert unter 3,5 ng/ml als grenzwertig niedrig beurteilt. Die Hormonspezialistin Jaursch-Hancke betont dagegen: „Auch ein Mann mit 3,0 ng/dl ist ein echter Mann.“ Zudem hat der Wert allein nur eine begrenzte Aussagekraft und sollte zusammen mit dem sexualhormonbindenden Globulin (SHBG) beurteilt werden. Auch eine Wiederholungsmessung kann sinnvoll sein, denn fast ein Drittel der Männer mit anfangs niedrigem Testosteronwert haben bei der zweiten Messung einen völlig normalen Wert.

Jaursch-Hancke rät entsprechend zu einer kritischen Betrachtung: Eine verminderte Libido, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Energieverlust und andere Symptome hängen nicht zwangsläufig mit niedrigen Testosteronwerten zusammen, sondern können auch durch Stress und andere Krankheiten ausgelöst werden.