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Essstörungen: Zahl der Betroffenen steigt weltweit

NAS  |  06.09.2024

Seit der Covid-19-Pandemie steigt die Zahl der jungen Menschen, die an einer Essstörung leiden. Laut aktuellen Studien sind weltweit bis zu 8,4 Prozent der jungen Frauen und bis zu 2,2 Prozent der Männer erkrankt. Auch in Deutschland wächst die Zahl der Betroffenen.

Junge Frau, sitzt verzweifelt auf dem Boden, vor ihr eine Waage.
Junge Frauen sind besonders häufig von Essstörungen betroffen.
© Dacharlie/iStockphoto

Mediziner beobachten einen besorgniserregenden Anstieg von Essstörungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung offenbar stark befördert, wie Zahlen aus Deutschland zeigen: Laut Daten der Krankenkasse AOK wurden 2021, im ersten Jahr nach Beginn der Pandemie, 10 Prozent mehr Menschen mit einer Essstörung im Krankenhaus behandelt als im Jahr davor. „Eine weitere groß angelegte Studie in Deutschland konnte einen Anstieg der Krankenhauseinweisungen von jungen Patientinnen speziell mit Magersucht um 40 Prozent im ersten Jahr nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie nachweisen“, berichtet Professor Dr. med. Stephan Zipfel, Ärztlicher Direktor der Abteilung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen. Aus den USA lägen ähnliche Zahlen über einen massiven Anstieg von Essstörungen um sogar 15,3 Prozent während der Pandemie vor. „Besonders heranwachsende Mädchen sind betroffen – Anorexia nervosa, also Magersucht, kommt bei ihnen besonders häufig vor“, erklärt der Experte.

Weniger soziale Kontakte, mehr Essstörungen?

Als Grund für den sprunghaften Anstieg von Essstörungen während der Pandemie sieht Zipfel in der starken Einschränkung sozialer Kontakte: Die soziale Isolation förderte dem Experten zufolge Konflikte und Stress, gleichzeitig konnten Schulen ihrer sozialen Funktion nicht ausreichend nachkommen: „Ein persönlicher Kontakt mit außerfamiliären Vertrauenspersonen wie sozialpädagogischem oder Lehrpersonal fehlte. Auch Beratungs- und Behandlungsangebote fielen aus, die psychische Probleme hätten frühzeitig adressieren können", so Zipfel. Eine ganze Generation sei von diesem Ausnahmezustand betroffen gewesen.

Essstörungen so häufig wie Suchterkrankungen

Dass Essstörungen weiter ansteigen, beobachten Mediziner auch nach Abklingen der Pandemie: „Wir nehmen eine kontinuierliche Zunahme von Patientinnen und Patienten mit komplexen und schwerwiegenderen Formen von Essstörungen wahr – übrigens nicht nur in der Hauptbetroffenengruppe junger Mädchen, sondern in allen Altersklassen“, so Zipfel.

Neueste Zahlen lassen den Schluss zu, dass Essstörungen insgesamt eine viermal häufiger auftreten als ursprünglich angenommen. „Somit sind Essstörungen mittlerweile genauso häufig wie Suchterkrankungen. Unter jungen Frauen sind sie inzwischen ein häufiges Erkrankungsbild“, resümiert Zipfel.

Der Experte gibt Familienangehörigen und außenstehende Vertrauenspersonen wie Freunden von möglichen Betroffenen folgende Tipps:

Gerade zum Schulbeginn sei es gut, wenn Außenstehende ihre Sorge über die Gesundheit der Betroffenen äußern. Dabei sind „Ich-Botschaften“ wichtig wie beispielsweise:

  • „Mir fällt auf dass Du unterdessen sehr dünn geworden bist“,
  • „Ich mache mir Sorgen und mir fällt auch auf, dass du deine Ernährung sehr eingeschränkt hast“,
  • „Auf mich wirkst Du traurig – kann ich dir helfen?“,
  • „Es gibt Experten bei der Beratungsstelle X , soll ich dich dorthin (nachdem du mit deinen Eltern gesprochen hast) begleiten?“

Anlaufstellen bei Essstörungen und anderen psychischen Problemen

Weitere Ansprechpartner bei für Jugendliche sind die Beraterinnen und Berater der „Nummer gegen Kummer“: Unter 116 111 oder 0800 - 111 0 333 können Kinder und Jugendliche mit qualifizierten Fachkräften über jedes nur denkbare Problem sprechen, anonym und kostenlos vom Festnetz und Handy. Das Kinder- und Jugendtelefon ist montags bis samstags von 14:00 bis 20:00 Uhr. Samstags von 14 bis 20 Uhr sind junge Leute zwischen 16 und 21 Jahren am Telefonhörer, falls Jugendlichen lieber mit anderen Jugendlichen über ihre Sorge und Probleme zu reden möchten.

Eine Alternative zum Gespräch am Telefon ist die kostenlose und vertrauliche Online-Beratung der "Nummer gegen Kummer". Rund um die Uhr und in einem passwortgeschützten Bereich kann an das Beratungsteam geschrieben werden. Die Antwort erfolgt in der Regel innerhalb von ein bis zwei Tagen.

Für Eltern und andere Erziehende steht darüber hinaus ein spezielles Elterntelefon bereit. Hier erhalten Betroffene - wenn gewünscht auch anonym - Hilfestellung in allen Fragen rund um das Thema Erziehung. Das Elterntelefon ist bundesweit unter der kostenlosen Rufnummer 0800/111 0 550 montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr sowie dienstags und donnerstags bis 19 Uhr zu erreichen.

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