Natascha Schleif
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06.06.2025 08:27 Uhr
Die Schilddrüse ist eine hormonproduzierende Drüse im Halsbereich, die viele lebenswichtige Funktionen im Körper steuert – von Kreislauf und Verdauung bis zu Psyche und Körpertemperatur.
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) produziert die Schilddrüse zu viele Hormone – der Stoffwechsel beschleunigt sich, der Körper läuft auf Hochtouren. Das kann zu Nervosität, Gewichtsverlust, Herzrasen und Hitzewallungen führen – häufig werden die Symptome jedoch zunächst nicht richtig zugeordnet.
In Deutschland sind schätzungsweise etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung betroffen, Frauen deutlich häufiger als Männer – im Verhältnis etwa 5:1. Am häufigsten tritt die Erkrankung zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf. Eine bekannte Ursache ist die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow, bei der das Immunsystem die Schilddrüse dauerhaft zur Überproduktion anregt.
Während Männer bei einer Schilddrüsenüberfunktion häufiger unter Herz-Kreislauf-Symptomen leiden, zeigen Frauen oft stärkere emotionale und hormonelle Reaktionen, etwa Zyklusstörungen, Unruhe oder Stimmungsschwankungen. Die Beschwerden können vielfältig sein – und werden daher oft lange übersehen.
Mit der richtigen Behandlung – sei es medikamentös, operativ oder durch eine Radiojodtherapie – lässt sich die Erkrankung meist gut kontrollieren. Viele Menschen leben mit einer gut eingestellten Schilddrüsenfunktion beschwerdefrei und leistungsfähig. Entscheidend sind die regelmäßige Kontrolle und eine individuell angepasste Therapie.
Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion
Die Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion sind oft unspezifisch und werden anfangs nicht mit der Schilddrüse in Verbindung gebracht. Viele Betroffene fühlen sich „getrieben“, schlafen schlecht oder verlieren Gewicht – obwohl der Appetit normal oder sogar gesteigert ist.
Typische Beschwerden bei Schilddrüsenüberfunktion
- Herzrasen, Herzklopfen oder hoher Puls – auch in Ruhe
- Innere Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit
- Schlafstörungen
- Hitzewallungen, starkes Schwitzen
- Gewichtsverlust trotz normalen oder erhöhten Essverhaltens
- Zittern der Hände
- Haarausfall, dünne Haut, brüchige Nägel
- Häufiger Stuhlgang oder Durchfall
- Zyklusstörungen bei Frauen
- Muskelschwäche, Erschöpfung
Bei älteren Menschen steht oft nicht die Nervosität, sondern eine versteckte Symptomatik im Vordergrund – etwa Gewichtsverlust, Muskelschwäche oder Herzrhythmusstörungen.
Frauen reagieren häufiger mit Stimmungsschwankungen, Angstgefühlen oder Zyklusveränderungen, während Männer eher Herzrhythmusstörungen, Schweißausbrüche oder Leistungsabfall im Vordergrund haben.
Je nach Ursache kann es zusätzlich zu Augensymptomen (vor allem bei Morbus Basedow) kommen – wie brennende, trockene oder hervorstehende Augen.
Verlauf von Schilddrüsenüberfunktion
Der Verlauf einer Schilddrüsenüberfunktion hängt stark von der Ursache, dem Schweregrad und der gewählten Behandlung ab. Unbehandelt kann die Erkrankung zu ernsten Komplikationen führen – etwa Herzrhythmusstörungen, Osteoporoseoder einer sogenannten thyreotoxischen Krise, bei der die Hormonwerte plötzlich stark ansteigen und lebensbedrohlich werden können.
Oft beginnt die Erkrankung schleichend: Erste Anzeichen wie Nervosität, Unruhe oder Schlafstörungen werden leicht übersehen oder anderen Ursachen zugeschrieben. Bleibt die Hormonüberproduktion bestehen, verschlechtern sich die Symptome meist allmählich. Bei älteren Menschen oder Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann eine Hyperthyreose den Zustand erheblich verschärfen.
Mit einer gezielten Therapie lässt sich die Schilddrüsenfunktion meist gut einstellen. In vielen Fällen bessern sich die Beschwerden deutlich innerhalb weniger Wochen. Dennoch ist eine lebenslange Kontrolle notwendig, da es – je nach Ursache – zu Rückfällen oder dauerhaften Veränderungen der Schilddrüsenfunktion kommen kann (zum Beispiel Übergang in eine Unterfunktion nach Behandlung oder Operation).
Ein stabiles Leben mit Schilddrüsenerkrankung ist möglich – vorausgesetzt, die Therapie wird regelmäßig angepasst und die Symptome ernstgenommen.
Ursachen
Die Schilddrüse produziert die Hormone T3 und T4, die den Stoffwechsel steuern. Bei einer Überfunktion werden diese Hormone in übermäßiger Menge freigesetzt – meist durch eine Fehlregulation oder eine krankhafte Veränderung des Schilddrüsengewebes.
Häufige Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion
- Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Antikörper die Schilddrüse dauerhaft zur Überproduktion anregen; häufigste Ursache bei jüngeren Frauen
- Bei der Schilddrüsenautonomie (autonomes Adenom oder multifokale Autonomie) arbeiten bestimmte Areale der Schilddrüse unabhängig von der Hormonregulation und produzieren unkontrolliert Hormone; häufig bei älteren Menschen
- Entzündungen der Schilddrüse, wie bei der subakuten Thyreoiditis, führen zu einer vorübergehenden Überfunktion durch Freisetzung gespeicherter Hormone
- Medikamente mit Jod oder Schilddrüsenhormonen in zu hoher Dosierung
Risikofaktoren
- Genetische Veranlagung, beispielsweise familiärer Morbus Basedow
- Hohes Lebensalter bei Autonomie
- Frauen im gebärfähigen Alter sind durch hormonelle Schwankungen anfälliger.
- Rauchen fördert insbesondere die Augenbeteiligung bei Morbus Basedow.
- Übermäßige Jodzufuhr, zum Beispiel durch jodhaltige Medikamente oder Kontrastmittel
Nicht alle Risikofaktoren lassen sich beeinflussen – aber eine frühe Diagnose und regelmäßige Kontrolle der Schilddrüsenwerte helfen, Komplikationen zu vermeiden.
Diagnose
Der Verdacht auf eine Schilddrüsenüberfunktion ergibt sich meist aus den Symptomen und wird durch eine einfache Blutuntersuchung bestätigt. Wichtig ist es, sowohl die Hormonwerte als auch mögliche Ursachen abzuklären – denn davon hängt die Therapie ab.
Wichtige Schritte zur Diagnose:
- Blutuntersuchung der Schilddrüsenwerte
- Erhöhtes freies T3 (fT3) und freies T4 (fT4)
- Erniedrigtes TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon)
- Antikörpernachweis bei Verdacht auf Morbus Basedow
- TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK)
- Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse zeigt Größe, Strukturveränderungen oder Knoten
- Szintigrafie ist eine nuklearmedizinische Untersuchung zur Beurteilung der Funktion – zeigt überaktive Areale („heiße Knoten“) bei Autonomie
Je nach Befund kann zusätzlich eine augenärztliche Untersuchung (bei Morbus Basedow) oder ein Herz-Check sinnvoll sein – insbesondere bei älteren oder vorerkrankten Personen.
Behandlung von Hyperthyreose
Ziel der Behandlung ist es, die übermäßige Hormonproduktion zu normalisieren und die Beschwerden zu lindern. Je nach Ursache, Alter und Begleiterkrankungen kommen unterschiedliche Behandlungswege infrage.
Medikamentöse Behandlung:
- Thyreostatika wie Thiamazol oder Carbimazol hemmen die Bildung von Schilddrüsenhormonen.
- Bei begleitendem Herzrasen oder Unruhe kann zusätzlich ein Betablocker verordnet werden – zur schnellen Linderung der Symptome
Weitere Behandlungsoptionen:
- Eine Radiojodtherapie zerstört gezielt überaktives Schilddrüsengewebe – meist bei Schilddrüsenautonomie oder Morbus Basedow nach Rückfall.
- Die operative Entfernung der Schilddrüse oder einzelner Knoten – vor allem bei größeren Befunden, bei Kontraindikationen gegen andere Therapien oder bei Verdacht auf Krebs
- Nach Radiojodtherapie oder Operation kann eine dauerhafte Schilddrüsenunterfunktion entstehen, die mit Schilddrüsenhormonen (L-Thyroxin) ausgeglichen wird.
Viele Menschen können nach der Einstellung der Hormonwerte ein beschwerdefreies Leben führen. Regelmäßige ärztliche Kontrollen der Schilddrüsenwerte sind wichtig – vor allem bei Umstellung der Medikation oder in stressigen Lebensphasen.
Stressabbau, ausreichend Schlaf und eine gesunde Lebensweise unterstützen die Stabilität. Bei Frauen mit Kinderwunsch ist eine gute Einstellung der Schilddrüsenfunktion besonders wichtig, da eine Überfunktion Komplikationenin der Schwangerschaft begünstigen kann.
Was die Apotheke rät
- Thyreostatika sollten regelmäßig zur gleichen Tageszeit eingenommen werden – am besten nüchtern mit Wasser.
- Lassen Sie sich in der Apotheke zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten beraten.
- Bei Begleitmedikation mit Betablockern hilft die Apotheke bei Fragen zur Einnahme und Verträglichkeit.
- Jodhaltige Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Röntgenkontrastmittel können die Schilddrüsenfunktion beeinflussen – bitte vor Einnahme Rücksprache halten.
- Bei innerer Unruhe oder Schlafproblemen können pflanzliche Präparate wie Lavendel, Passionsblume oder Baldrian kann unterstützen.
- Vitalstoffe wie Selen oder Vitamin D können das Immunsystem stabilisieren – bei Morbus Basedow nur nach Rücksprache mit Arzt oder Ärztin.
- Die Apotheke ist auch Anlaufstelle für eine verträgliche Auswahl an Sonnenschutzmitteln, Pflegeprodukten und begleitender Selbsthilfe – individuell und diskret.
Schilddrüsenüberfunktion kurz zusammengefasst
- Bei einer Schilddrüsenüberfunktion produziert die Schilddrüse zu viele Hormone – der Stoffwechsel läuft auf Hochtouren.
- Typische Beschwerden sind Herzrasen, Unruhe, Gewichtsverlust und Hitzewallungen – Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
- Ursachen sind meist Morbus Basedow oder überaktive Knoten in der Schilddrüse.
- Die Behandlung erfolgt medikamentös, per Radiojodtherapie oder Operation – danach ist oft eine lebenslange Hormonersatztherapie nötig.
- Mit regelmäßiger Kontrolle und einer gut eingestellten Therapie lässt sich ein aktives, beschwerdefreies Leben führen.
Zuletzt aktualisiert: 02.06.2025
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