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16.05.2024
Das Diabetes- und Abnehmmittel Semaglutid, auch bekannt als "Abnehmspritze", sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Zuletzt gab es Hinweise auf ungewöhnliche Nebenwirkungen: Frauen, die das Medikament nutzen, könnten ungeplant schwanger werden. Was sagen offizielle Stellen?
In den sozialen Medien kursieren schon länger Nachrichten von Frauen, die während der Anwendung von Semaglutid plötzlich ein Baby erwarten. Das berichten auch Nutzerinnen, die orale Kontrazeptiva – also die „Pille“ nahmen. Die Zeitung „USA Today“ widmete dem Thema zuletzt einen ausführlichen Artikel, in dem Mediziner tatsächlich einen entsprechenden Trend in ihren Praxen bestätigten. Seitens der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker liegen diesbezüglich allerdings noch keine sogenannten Spontanmeldungen vor, wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet.
Dennoch ist es durchaus plausibel, dass man unter der Behandlung von sogenannten Inkretinaloga wie Semaglutid oder Tirzepatid leichter schwanger wird. Die Wirkstoffe senken den Blutzuckerspiegel und helfen gleichzeitig beim Abnehmen. In Deutschland sind sie seit mehreren Jahren in der Behandlung von Typ-2-Diabetes und seit kurzem bei starkem Übergewicht (Adipositas) verschreibungsfähig. Schon lange ist bekannt, dass Übergewicht und damit verbundene metabolische Störungen mit einer verminderten Fruchtbarkeit einhergehen. Fettgewebe produziert eine Vielzahl an Hormonen und anderen Botenstoffen, darunter auch Estrogen und Testosteron. Ein Zuviel an Estrogen kann eine reguläre Menstruation und den Eisprung verhindern.
Gefahr in der Schwangerschaft
„Es stimmt, dass aus wissenschaftlicher Perspektive diese Medikamente es einfacher machen könnten, schwanger zu werden“, zitiert »USA Today« die Gynäkologin und Endokrinologin Dr. Allison Rodgers vom Fertility Center Illinois. Die Expertin warnt jedoch zugleich, dass die Anwendung der Arzneistoffe in der Schwangerschaft auch gefährlich sein könnte. Die Fach- und Gebrauchsinformationen empfehlen Frauen im gebärfähigen Alter, während der Behandlung mit Inkretinanaloga unbedingt zu verhüten. Denn tierexperimentelle Studien zeigten in Verbindung mit den Wirkstoffen ein vermehrtes Auftreten von Fehlgeburten und Geburtsfehlern. Sie dürfen daher auch während einer Schwangerschaft nicht angewendet werden. Bei Kinderwunsch sollen die Wirkstoffe aufgrund der langen Halbwertzeit mindestens zwei Monate vor dem Versuch einer Konzeption abgesetzt werden.
Wechselwirkungen mit der „Pille“
Schwieriger zu beurteilen ist derzeit noch, ob die Diabetes- und Abnehmspritzen die Wirksamkeit der „Pille“ beeinflussen. Sie verzögern die Magenentleerung (ein gewünschter Effekt zum Abnehmen), was die Aufnahme der Wirkstoffe theoretisch beeinflussen könnte. In den Produktinformationen zu den am Markt befindlichen Wirkstoffen weisen die Hersteller jedoch nicht generell darauf hin, dass orale Verhütungsmittel eingeschränkt wirken könnten. Lediglich ein Hersteller empfiehlt in den ersten vier Wochen der Anwendung oder nach Dosissteigerung, nicht allein mit der „Pille“ zu verhüten.