Gesund leben

Warnung vor Aspartam: Sind Light-Getränke wirklich krebserregend?

PZ/NK  |  14.07.2023

Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat kürzlich den Süßstoff Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. Seitdem herrscht bei vielen Konsumenten Unsicherheit. Muss man sich wirklich Sorgen machen?

Zwei Cola-Getränke mit Eiswürfeln.
Viele Menschen greifen gerne zu Softdrinks ohne Zucker, die mit Süßstoffen gesüßt sind.
© champpixs/iStockphoto

Aspartam ist ein künstlicher Süßstoff, der in Getränkepulver, aromatisierten Milchgetränken, Kaugummi und Diät-Erfrischungsgetränken häufig verwendet wird. Es ist seit den 1980er-Jahren innerhalb bestimmter Grenzen als sicher eingestuft und seit vielen Jahren für den menschlichen Verzehr in der EU zugelassen. Allerdings wurde wiederholt auch ein krebsförderndes Risiko von Aspartam diskutiert.

Im Rahmen eines Meetings der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 6. bis 13. Juni 2023 in Lyon hatten 25 unabhängigen Experten aus zwölf verschiedenen Ländern Studien zu diesem Thema ausgewertet. Als Ergebnis dieser Beratungen stufte die Arbeitsgruppe den Süßstoff Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ für den Menschen ein. Zwar ist der ausführliche Bericht der Arbeitsgruppe noch nicht publiziert. Allerdings ist eine Zusammenfassung der WHO bereits verfügbar.

Diese Meldung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kam überraschend und hat bei etlichen Menschen, die diesen Süßstoff täglich beispielsweise in Form Light-Getränken konsumieren, zu Unsicherheit und Sorgen geführt. Inwieweit diese Sorge wirklich berechtigt ist, ordnet nun das Science Media Center Germany durch eine Nachfrage bei Experten ein.

Studien nur wenig aussagekräftig

Die WHO selbst bleibt in ihren Aussagen sehr vage. So hätten unter den verfügbaren Krebsstudien am Menschen nur drei Studien über den Konsum von künstlich gesüßten Getränken in die Bewertung eines möglichen Zusammenhangs zwischen Aspartam und dem Risiko für die Entwicklung von Leberkrebs einbezogen werden können. Keine der Studien hätte jedoch Verzerrungen durch andere Faktoren wie dem allgemeinen Lebensstil der Studienteilnehmer ausschließen können.

Daher kam der WHO-Ausschuss auch zu dem Schluss, dass es aktuell keinen Grund für eine Änderung der zuvor festgelegten zulässigen Tagesdosis von 0 bis 40 mg/kg Körpergewicht für Aspartam rechtfertigten. Um diesen Wert zu überschreiten, müsste ein 70 Kilogramm schwerer Erwachsener mehr als 9 bis 14 Dosen Diät-Softdrinks pro Tag konsumieren. Man rate auch nicht dazu, Produkte zurückzurufen, heißt es in einer Stellungnahme der WHO.

Was sagen Experten?

Dr. Stefan Kabisch, Studienarzt in der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin (Deutsches Zentrum für Diabetesforschung / DZD), Campus Benjamin Franklin (CBF), Charité – Universitätsmedizin Berlin sagte dazu: „Die Einstufung von Aspartam als ‚möglicherweise krebserregend‘ ändert an unserem täglichen Gebrauch sehr wahrscheinlich nichts. Die Einstufung ist sehr zurückhaltend, das heißt ein Krebsrisiko ist keinesfalls sicher und nicht einmal besonders wahrscheinlich. Daher ändert sich auch an der empfohlenen maximalen Tagesdosis nichts.“

Zudem seien Gesundheitsrisiken für Zucker deutlich klarer belegt, ergänzt Kabisch. Zucker fördere neben Karies auch Adipositas und Typ-2-Diabetes und trage somit auch zu einem Krebsrisiko bei. Ein Umstieg von Süßstoffen auf Zucker würde sicherlich Krankheitsrisiken verstärken, so der Experte.

Privatdozentin Dr. Bettina Wölnerhanssen und Privatdozentin Dr. Anne Christin Meyer-Gerspach, Co-Leiterinnen metabole Forschung St. Clara Forschung am St. Claraspital in Basel vermuten, dass die IARC/WHO hier wahrscheinlich hauptsächlich ein Zeichen setzen und die Konsumenten dazu animieren möchte, möglichst Wasser und ungesüßte Tees zu trinken, den Zuckerkonsum drastisch zu reduzieren, dabei aber Süßstoffe nur in Maßen zu konsumieren. Die neue Klassifikation solle wohl auch dazu motivieren, mehr Studien zu dieser Substanz durchzuführen. Das sei begrüßenswert, so die Wissenschaftlerinnen.

Allerdings sei eine solche Klassifikation, wie sie von der WHO vorgenommen wurde, auch problematisch: sie könnte die Verbraucher unnötigerweise dazu verleiten, mehr Zucker zu konsumieren, anstatt zuckerfreie oder zuckerarme Alternativen zu wählen, die nach wie vor gemäß der aktuellen Datenlage insgesamt immer noch gesünder sind.

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