Wir bewundern betagte Paare, die wie frisch Verliebte Händchen halten. Dass Liebe so lange hält, ist nicht selbstverständlich. Die Therapeutin Anke Lingnau-Carduck erklärt, wie sich Langzeit-Beziehungen verändern und gestärkt werden können. Sie ist Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF).
Lingnau-Carduck: Es sind vier – plus das Suchen und Genießen, das quasi eine Klammer für die anderen Phasen bildet. Die Situation, in der wir einen Partner suchen, kann mehrfach wiederkehren. Der ersten Phase der Verliebtheit, in der man vom anderen fasziniert ist, folgt die Kennenlernphase. Wir sind neugierig, stellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in unseren Lebenswelten fest. Die dritte Phase bildet die kritische, in der wir auch mit Gegensätzen umgehen lernen. Phase vier wird von Konsolidierung geprägt, Paare haben Bedürfnisse geklärt, schmieden Pläne. Läuft es gut, können sie danach die Gemeinsamkeit genießen und wieder so viel Neues am anderen kennenlernen, dass die Phasen von vorne starten. Das ist ein dynamischer Prozess. Wir erleben oft, dass wir in eine bestimmte Phase zurückkehren. Etwa wenn wir den Partner neu im Umgang mit alt werdenden Eltern kennenlernen. In dieser Situation gibt es die unterschiedlichsten Verhaltensweisen – der oder die eine kümmert sich und hilft, während der oder die andere Probleme verdrängt.
Lingnau-Carduck: Wenn wir uns verlieben, stärken uns Überraschungen und Liebesbekundungen. In der Kennenlernphase ist es die Neugier auf den anderen – darauf, wie er bestimmte Lebenslagen meistert, wer seine Lieblingsmenschen sind. In der kritischen Phase hilft es, offen und kompromissbereit zu bleiben, Unterschiede zu akzeptieren. Festigt sich die Partnerschaft, stärken wir uns, indem wir einander unterstützen und Zuversicht schenken.
Lingnau-Carduck: Häufig kollidiert die Arbeitswelt mit der Paar- und Familienwelt. Der Mangel an Zeit lässt gemeinsame Stunden weniger werden. Auch Schicksalsschläge wie Krankheiten oder Unfälle wirken sich aus und werfen die Frage auf, ob die Beziehung die Belastung aushält, etwa wenn Kinder betroffen sind oder eine chronische Erkrankung auftritt. Auch unterschiedliche sexuelle Bedürfnisse können sich zu einem Problem entwickeln.
Lingnau-Carduck: Indem sie für ihre Zweisamkeit Freiräume schaffen. Zum Beispiel jede Woche zwei Stunden spazieren gehen und über das sprechen, was schwierig ist. Dann können sie darüber reden, wie es weitergehen kann und was man sich wünscht – aber so, dass der Partner Lust bekommt, diese Bedürfnisse zu erfüllen. Das Ziel sollte lauten, Probleme zu meistern und von beiden gern erinnerte Erlebnisse erneut zu planen, etwa wieder an den Lieblingsstrand zu fahren.
Lingnau-Carduck: Es kommen neue Rollen dazu, die beide lernen müssen. Ich bin plötzlich Mutter oder Vater und entwickle eine neue Liebesbeziehung zu meinem Kind. Prioritäten verschieben sich, das Leben wird komplexer. Das führt oft dazu, dass Familien ein Spitzenteam sind, aber die Eltern vermissen das Paarsein. Bindungskommunikation findet eher mit dem Kind statt, die Eltern reden mehr über das, was sie zusammen entscheiden müssen.
Lingnau-Carduck: Im Grunde kehrt das Paar wieder zurück zur Kennenlernphase. Die Generation, die zwischen die beiden trat, ist nun aus dem Haus. Dann merken viele Partner, dass ihnen nicht viele exklusive Gemeinsamkeiten übriggeblieben sind. Diese gilt es, neu zu entdecken, eventuell auf einer anderen Basis. Die beiden könnten sich die Frage stellen: Was wollen wir gemäß unseren Bedürfnissen unternehmen?
Lingnau-Carduck: Das ist eine schwierige Umbruchzeit für beide. Oft weckt schon die Vorbereitung auf die Rente Ängste und Hoffnungen. In der Regel geht einer früher in den Ruhestand, hat dann mehr Zeit und begibt sich oft in Bereiche, die bisher dem anderen vorbehalten waren. Das sorgt für Irritationen: Wenn etwa der Mann jetzt die Wäsche faltet, und das anders als die Frau. Allerdings birgt die Zeit des Ruhestandes die Chance, in die Kennenlernphase zurückzukehren und gemeinsam zu überlegen, wie man die verbleibenden Jahre genießen möchte.
Lingnau-Carduck: Sogenannte Traumpaare haben oft die Konfliktkultur verloren. Deshalb sind viele im Inneren nicht ausbalanciert und ziehen zum Schutz eine starre Grenze nach außen. Sie wahren lieber den Schein, anstatt auch mal mit Freunden über Probleme zu reden. Dabei kann es helfen, andere Perspektiven zu hören und sich anzuvertrauen, damit die Beziehung nicht so schnell zerbricht.
Vielen Dank für das Gespräch!
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