Darm-Hirn-Achse: Wie Kopf und Bauch verdrahtet sind

Krankheiten wie Demenz oder Parkinson könnten ihren Auslöser im Darm haben.

Die Darmflora hat einen großen Einfluss auf die Gesundheit.
Joghurt zählt zu den probiotischen Lebensmitteln, die der Darmflora gut tun sollen.
© Robert Kneschke - Fotolia

Das Bauchhirn funktioniert größtenteils unabhängig vom Gehirn und steuert die komplexen Verdauungsvorgänge und Darmbewegungen. Trotzdem verständigen sich Kopf und Körpermitte regelmäßig über Nervenbahnen miteinander und beeinflussen sich gegenseitig: etwa bei anhaltendem Stress, der Durchfall fördern kann.

Mehrere Auslöser für Reizdarm

Läuft etwas schief in der Arbeit des Bauchhirns, kann das zum Reizdarmsyndrom (RDS) führen. Dabei quälen Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall und Verstopfung die Patienten über mehr als drei Monate hinweg, ohne dass der Arzt eine unmittelbare organische Fehlfunktion finden kann. Oft tritt das RDS zusammen mit psychischen Problemen wie Depressionen oder Angsterkrankungen auf. Auch örtliche Reize wie schwere Darminfektionen oder dauerhafte Entzündungen können am Anfang stehen und die Abläufe im Darm nachhaltig durcheinanderbringen. Fachleute halten es darüber hinaus für möglich, dass ein Ungleichgewicht der Darmflora zum RDS beiträgt.

Überhaupt rücken die über 1 000 verschiedenen Arten von Bakterien und anderen Kleinstorganismen, die natürlicherweise den Darm besiedeln und dem Menschen bei der Verdauung helfen, immer mehr ins Zentrum der Forschung. Neben Nervenbahnen, Darmhormonen und Immunbotenstoffen gelten sie mittlerweile als Bestandteil der Darm-Hirn-Achse, denn sie senden ebenfalls Signale "nach oben". Die Darmflora beeinflusst so nicht nur den Appetit, sondern auch die Stimmung und könnte an neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer beteiligt sein.

Parkinson und Alzheimer aus dem Darm?

Anfang dieses Jahres veröffentlichte ein Forscherteam aus Schweden und der Schweiz eine Arbeit, die zeigt, dass sich die Darmflora bei Mäusen mit Alzheimer-Erkrankung von der hirngesunder Vergleichstiere unterscheidet. In einem zweiten Schritt übertrugen die Wissenschaftler die Darmflora der Alzheimer-Tiere auf gesunde Mäuse. Daraufhin bildeten diese Tiere mehr der für Alzheimer typischen Eiweißablagerungen im Gehirn als Artgenossen, die zum Vergleich Darmbakterien von nicht dementen Tieren erhalten hatten. "Unsere Studie stellt eine direkte ursächliche Verbindung zwischen Darmbakterien und Alzheimer her", sagt Studienleiterin Professor Dr. Frida Fåk Hållenius von der Universität Lund.

Einen ähnlichen Zusammenhang, allerdings in Bezug auf die Parkinson-Erkrankung, fanden US-amerikanische Forscher bereits 2016. Für sie ein Hinweis, dass möglicherweise Stoffwechselprodukte der gestörten Darmflora die Hirnzellen krank machen können. "Die Parkinson-Erkrankung könnte ihren Ursprung im Darm haben und nicht wie vermutet im Gehirn", interpretiert Professor Dr. Sarkis Mazmanian vom California Institute of Technology die Ergebnisse. Das sei ein wichtiger erster Schritt, um aus den Erkenntnissen über eine Darm-Hirn-Verbindung eine Behandlung der Parkinson-Krankheit zu entwickeln.

In die gleiche Richtung gehen Studien, denen zufolge der Verzehr von Joghurt mit bestimmten Bakterienkulturen die Symptome von Depressionen linderte. Die Forschung über die Darm-Hirn-Achse steht hier jedoch noch ganz am Anfang. Bis man durch die Manipulation von Darmkeimen möglicherweise Hirnerkrankungen vorbeugt oder diese behandelt, ist noch sehr viel weitere Forschungsarbeit nötig.

Apotheker Rüdiger Freund

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