Wenn die Auszeit kommt, macht der Körper schlapp. Ist das Zufall? Dieses Phänomen – als „Freizeitkrankheit“ oder „Leisure Sickness“ bezeichnet – trifft viele Arbeitnehmer. Immerhin 72 Prozent der Arbeitnehmenden seien mindestens einmal betroffen. Das teilt die IU Internationale Hochschule in Erfurt mit. Sie habe über 2000 Personen im Alter von 16 bis 65 Jahren befragt. Bemerkenswert ist, dass im Jahr 2002 lediglich 3 bis 4 Prozent der Befragten angegeben hätten, bereits „freizeitkrank“ gewesen zu sein.
Hoher Ehrgeiz und Selbstanspruch
Ein wichtiger Faktor scheint der Umgang mit der individuellen Arbeitsbelastung zu sein, erklärt IU-Professorin Dr. Stefanie Andre, Expertin für Gesundheit am Arbeitsplatz. Besonders betroffen sei, wer sehr ehrgeizig und pflichtbewusst ist, ein hohes Verantwortungsgefühl hat oder hohe Ansprüche an sich stellt. Ebenso hätten Menschen, die schlecht in ihrer Freizeit abschalten können oder nicht „Nein“ im Berufsleben sagen können, ein höheres Risiko für die „Freizeitkrankheit“.
Erreichbarkeit steht Erholung im Weg
Hoher Arbeitsdruck belaste ein Drittel der Befragten, so die IU. Mehr als die Hälfte hätten geantwortet, dass Erreichbarkeit ihre Erholung beeinträchtige. Gleichzeitig fühle sich ein Drittel der Befragten dazu verpflichtet in der Freizeit erreichbar zu sein – in erster Linie unter 25-Jährige.
Die Rolle des Nervensystems bei der Freizeitkrankheit
Laut der Barmer-Krankenkasse ist die vorherrschende Meinung zur Ursache das Wechselspiel von Sympathikus und Parasympathikus im vegetativen Nervensystem. Stress aktiviert den Sympathikus. Das hat verbesserte Konzentration, beschleunigten Herzschlag und besser durchblutete Muskeln zur Folge.
„Bei anhaltendem Stress steht der Körper aber kontinuierlich unter erhöhtem Einfluss der Hormone Adrenalin und Cortisol.“, erklärt Psychologin Andrea Jakob-Pannier von der Barmer. Der verspätete Wechsel zum Parasympathikus, der für Verdauung und Ruhe zuständig ist, könne zu Symptomen wie geschwächter Immunabwehr, Kopfschmerzen und Schlappheit führen.
Entspannen trotz Stressphase
Symptome wie Müdigkeit, Reizbarkeit und gedankliches Nicht-Abschalten treten in langen Stressphasen häufig auf. Dann könne man rechtzeitig reagieren und verhindern, dass es zur „Freizeitkrankheit“ kommt. Auch in diesen Phasen helfe es, Bewegung in den Arbeitsalltag zu integrieren – zum Beispiel in Form eines 20-minütigen Spaziergangs. Ausreichend Schlaf sei ebenfalls wichtig. Wer damit Probleme habe, könne sich mit progressiver Muskelentspannung helfen.
„Oftmals sind es schon kleine Dinge, die beim Stressabbau helfen können. Wichtig ist, sich dafür ganz bewusst die Zeit zu schaffen“, so Jakob-Pannier.